19.07.2023

Aufbau einer widerstandsfähigen Lieferkette: Fünf Ansätze zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit

Nach Protolabs

 

Da Lieferketten immer komplexer werden und die Zahl der unvorhergesehenen Störungen zunimmt, ist eine Risikomanagementstrategie für Unternehmen unabdingbar geworden. Unternehmen müssen potenzielle Risiken und Schwachstellen in ihrer Lieferkette frühzeitig erkennen und entschärfen können, bevor sie zu größeren Problemen werden.

Trotz der massiven Lieferkettenunterbrechungen der vergangenen Jahre sind viele Unternehmen jedoch immer noch nicht auf künftige Risiken vorbereitet. Laut einer kürzlich von Hubs* durchgeführten Umfrage haben etwa 30 % der Befragten bisher keine Maßnahmen ergriffen, um die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten zu verbessern. Das überrascht angesichts der Tatsache, dass 2022 bei 76,6 % der befragten Unternehmen Störungen aufgrund von externen Faktoren aufgetreten waren. Hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit der Lieferkette besteht somit eindeutig Handlungsbedarf.

In diesem Blog erläutern wir fünf Schlüsselelemente, mit denen sich Störungen zukünftig eindämmen lassen.

 

Automatisierung

Automatisierungsprozesse können Lieferketten optimieren, indem sie die Produktivität und Effizienz steigern. Beides kann dazu beitragen, die Auswirkungen bestimmter Lieferkettenrisiken abzufedern, besonders was den zeitweiligen Arbeitskräftemangel und Lockdowns anbelangt. Mit Robotic Process Automation (RPA) können viele sich wiederholende manuelle Aufgaben digitalisiert und optimiert werden. Dies bedeutet eine Straffung der Lieferkette und verringert die Abhängigkeit von manueller Arbeit. Im Jahr 2021 nutzten bereits 78 % der Unternehmen RPA-Technologien, während nur 6 % ihre Nutzung nicht in Erwägung zogen.[1]

Durch die Automatisierung lassen sich viele bisher manuell durchgeführte Prozesse beschleunigen. Angebotsanfragen und DFM-Prozesse (Design for Manufacturability) können automatisiert werden, so dass Kunden innerhalb von Sekunden statt Tagen oder gar Wochen genaue Angebote erhalten. Mithilfe der automatisierten Designanalyse von Protolabs, die anhand Ihrer CAD-Dateien erstellt wird, erfahren Sie innerhalb weniger Stunden, ob Ihr Design in der vorliegenden Form gefertigt werden kann. Die Analyse zeigt auf, welche Merkmale zu Problemen führen könnten und wie Sie Ihr Design optimieren können. Unsere Plattform bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Teile und Komponenten beliebig oft kostenfrei zur Analyse und Angebotserstellung hochzuladen. Erfahren Sie hier mehr über das Feedback im Rahmen der Machbarkeitsanalyse von Protolabs.

Die Automatisierung der gesamten Lieferkette sorgt auch dafür, dass die einzelnen Glieder besser ineinandergreifen; zudem verbessert sie die gemeinsame Nutzung von Daten sowie den Zugriff darauf. Die Automatisierung digitaler Prozesse

 

(DPA) erhöht die Effizienz, da sie verschiedene Plattformen der Lieferkette integriert, Prozesse effektiv verbindet und mehr Transparenz und Sichtbarkeit schafft. Lieferanten können dadurch wiederum Prozesse überwachen und den Materialbedarf sowie Engpässe und Schwachstellen in der Lieferkette ausfindig machen.

 

Sicherheitsbestand

Einen Sicherheitsbestand vorrätig zu haben, entspricht zwar nicht den modernen Lean-Manufacturing-Strategien, kann die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette jedoch erheblich verbessern. Sie schaffen dadurch einen effektiven Puffer, um im Falle eines Versorgungsengpasses ausreichend Material zu haben und weiter produzieren zu können. Speziell bei kritischen Teilen oder solchen, die nur von einem bestimmten Lieferanten bezogen werden können, ist ein Sicherheitsbestand sehr wertvoll.

Der Bereitschaft zum Aufbau eines Sicherheitsbestands auf breiter Ebene standen bislang die Kosten im Wege. Dank KI-gestützter Kostenanalysen und -vorhersagen können Lieferkettenpartner die Wahrscheinlichkeit und Kosten von Lieferkettenunterbrechungen mittlerweile jedoch genauer vorhersagen und gegen die Kosten für die Aufstockung des Lagerbestands abwägen. Mit anderen Worten: Während Lieferketten früher eher reaktiv gehandhabt wurden, ermöglichen intelligente Technologien heute ein proaktiveres Handeln. Mithilfe von Prognosemodellen lassen sich auch andere Veränderungen etwa bei den Verbrauchertrends und der damit sinkenden oder steigenden Nachfrage prognostizieren, um die Produktion und den Lagerbestand entsprechend anzupassen.

Sie können die Flexibilität Ihrer Lieferkette auch durch die Zusammenarbeit mit On-Demand-Herstellern erhöhen. Dies hilft Ihnen, Nachfrageschwankungen effektiv auszugleichen und die Bestandskosten zu senken. Je nach Produkt können Sicherheitsbestände oder die On-Demand-Produktion eine wichtige Rolle spielen, um langfristig die Widerstandsfähigkeit Ihrer Lieferkette zu erhöhen.

Geografische Diversifizierung

Die Diversifizierung der Lieferketten ist für deren Widerstandsfähigkeit ausschlaggebend. Die jüngste Vergangenheit hat dies deutlich gezeigt: Während in China zwischen 2020 und 2022 die Produktion mehrmals durch pandemiebedingte Lockdowns lahmgelegt wurde, führt in Europa die übermäßige Abhängigkeit von Russland bei der Gasversorgung zu erheblichen Energieengpässen.[2]Laut einer neuen Umfrage von Hubs sind 41 % der Unternehmen überzeugt, dass eine Diversifizierung ihrer Lieferkette der beste Weg ist, um Störungen künftig zu vermeiden.

Mit einem starken, verteilten Netzwerk von Lieferanten oder potenziellen Lieferanten können Lieferketten bei regionalen Störungen und einer sich ändernden Geopolitik angepasst werden. Beim Ausfall einer geografischen Region kann die Lücke durch Lieferungen aus anderen Regionen geschlossen werden.

Einen möglichst großen Pool an geeigneten Herstellern zu haben, ist für die Diversifizierung der Lieferketten maßgebend. Je spezieller oder komplexer die Fertigung eines Produkts ist, desto kleiner wird mitunter der Kreis möglicher Produktionspartner. Je stärker Sie das Produktdesign vereinfachen können, indem Sie komplexe Merkmale konsolidieren oder eliminieren, desto besser stehen die Chancen, geeignete Lieferanten zu finden.

Protolabs hat eigene digitale Fertigungsstätten in Europa und den USA sowie ein umfangreiches globales digitales Netzwerk von Premium-Fertigungspartnern, das über Hubs verwaltet wird. Mehr über unser modernes Fertigungsmodell erfahren Sie hier.

 

Kollegen bei der Zusammenarbeit

Flexible interne Prozesse

Nicht nur die externe Flexibilität trägt zur Widerstandsfähigkeit der Lieferkette bei – auch die internen Prozesse spielen eine wichtige Rolle. Besonders Start-ups sind für ihre Agilität bekannt, die zu einem schnellen und dynamischen Geschäftswachstum beiträgt. Diese Agilität können sich aber auch größere, etablierte Unternehmen zu eigen machen. Je effektiver Teams zusammenarbeiten und gleichzeitig autonom handeln können, desto schneller und flexibler werden interne Prozesse wie die Produktentwicklung. Eine agile Strategie setzt Prioritäten bei der Zusammenarbeit mit Kunden oder Beteiligten in jeder Entwicklungsphase und Feedback wird für kontinuierliche Verbesserungen genutzt. Dadurch erhöhen sich letztendlich die Produktqualität sowie die Transparenz und Effizienz von Prozessen. Gleichzeitig sinkt das Risiko, da jeder Projektschritt überwacht und bewertet wird. Mit einem agilen Ansatz können Sie Ihre internen Prozesse flexibler gestalten und nahtlos an Marktveränderungen anpassen. So gaben 93 % der Unternehmen an, dass ihre agilen Geschäftseinheiten während der Pandemie besser als andere Bereiche abschnitten.[[3]

Über die digitale Angebotsplattform von Protolabs können Sie erhaltene Angebote einfach mit Kollegen, Managern und Beschaffungsteams teilen. Das macht es für alle Beteiligten einfacher, die Bearbeitungszeit, Materialbeschaffung, Endbearbeitung und sonstigen Faktoren anzupassen und die Auswirkungen auf den Preis in Echtzeit zu sehen. Für Ingenieure und Einkäufer wird daraus ein zentraler Ort, an dem sie Auftragsdetails prüfen und Teile schneller und einfacher bestellen können. So können die Arbeitsabläufe Ihres Teams optimiert und die Teilebestellung kann beschleunigt werden.

 

Überwachung der Lieferkette

In der Fertigungsindustrie sind Tier-1-Lieferanten Unternehmen, die Teile oder Materialien direkt an den Originalgerätehersteller (OEM) liefern. Tier-1-Lieferanten werden von Tier-2-Anbietern mit Teilen oder Materialien versorgt, die diese wiederum von Tier-3-Zulieferern beziehen. Im Allgemeinen überwachen die meisten Unternehmen nur Tier-1- und Tier-2-Lieferanten als ihre wichtigsten Zulieferer. Doch auch Tier-3-Lieferanten können eine entscheidende Rolle in der gesamten Lieferkette spielen. Verzögerungen auf dieser Ebene können die komplette Lieferkette beeinträchtigen. Eine aufmerksame Überwachung aller Ebenen ermöglicht es Ihnen, Warnsignale frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen.

Die Überwachung der Lieferkette von den Rohstoffen bis hin zu den fertigen Produkten ist mitunter jedoch komplex und langwierig. Dies könnte erklären, warum dieser Ansatz laut Umfrage am wenigsten favorisiert wird. Nur 11,6 % der Befragten betrachteten eine gründliche Überwachung der Lieferkette als wirksame Maßnahme, um Störungen zu vermeiden.

Mittlerweile gibt es zum Glück Softwaretools, die die Lieferkettenüberwachung vereinfachen. Darüber hinaus erwägen Unternehmen den Einsatz neuer Technologien wie KI und maschinelles Lernen, um ihre Lieferketten zu optimieren. Obgleich derzeit nur 13,1 % der befragten Unternehmen KI und ML nutzen, erachten immerhin 90,9 % die Technologien als nützlich.

  • Abbildung der Lieferkette zur Überwachung der kompletten Lieferkette (nicht nur Tier 1 und 2)
  • 24/7 Lieferantenüberwachung, um Störungen frühzeitig zu erkennen
  • Berechnung des Risikos durch Störungen sowie des potenziellen Umsatzausfalls

 

Fazit

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es jederzeit zu Störungen in der Lieferkette kommen kann. Für Unternehmen ist es daher wichtig, ihre Lieferkettenprozesse zu transformieren und zu verbessern, um Schwachstellen zu minimieren und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen.

Mittlerweile gibt es dafür zahlreiche Tools und Strategien. Automatisierungstechnologien, vielfältige Liefernetzwerke und agile interne Prozesse begünstigen den Aufbau einer robusten, zukunftssicheren Lieferkette, die einer Vielzahl von Störungen standhalten kann. Widerstandsfähigkeit ist ein Muss für Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein und sich den Herausforderungen der Zukunft stellen wollen.

 

*Umfrage unter 334 Teilnehmern

 

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Referenzen
  1. Automation with intelligence: Pursuing organisation-wide reimagination. Deloitte, 2021.
  2. Share of gas supply from Russia in Europe in 2021. Statista, October 7, 2022.
  3. Agile resilience in the UK: Lessons from COVID-19 for the ‘next normal’. McKinsey, October 13, 2020.