Design Tip

Wichtige Überlegungen beim Entwerfen von Spritzgussteilen für das 2K-Spritzgussverfahren

Beachten Sie bei der Herstellung von 2K-Spritzgussteilen auf Haftungs-, Werkstoff- und allgemeine Grundsatzprinzipien.

Das Spritzgussverfahren ist eine gängige und kostengünstige Methode zur Herstellung von Teilen. Es wird häufig angewendet für Medizingeräte, Kinderspielzeug bis hin zu Haushaltsgeräten und Autoteilen. Die so gefertigten Teile sind robust und leicht und ersetzen in vielen Fällen bearbeitete Produkte oder Teile aus Metallguss.

Manchmal muss bei Spritzgussteilen aus Kunststoff jedoch etwas nachgeholfen werden. Geringe Stoß- oder Vibrationsbeständigkeit, rutschige Oberflächen, schlechte Ergonomie und kosmetische Probleme sind nur einige der Gründe, warum ein zweites Spritzgussteil häufig als Griff, Abdeckung oder Hülse hinzugefügt wird.

Example of overmolding
Das Beispiel zeigt, wie mit Protolabs’ 2K-Spritzguss im Expressverfahren einem bestehenden Teil ein zusätzliches Spritzgussteil, z.B. ein Griff oder Überzug, hinzugefügt werden kann.

Manche Hersteller entscheiden sich dafür, diese zwei verschiedenen Spritzgusskomponenten mittels Kleber, Schrauben oder Presspassung zusammenzusetzen. Dies ist jedoch zeit- und kostenaufwändig und kann zu suboptimalen Ergebnissen führen. Zum Glück bietet das Verfahren des 2K-Spritzgusses eine alternative Lösung an.

Dieser Design-Tipp untersucht drei wichtige Elemente des Express-2K-Spritzgusses:

  • Verbindung
  • Werkstoffe
  • Prinzipien
Was ist 2K-Spritzguss?

Dieses Verfahren verwendet eine mechanische oder chemische Verbindung (und oft beides zusammen), um zwei Teile dauerhaft miteinander zu verbinden. So werden Montageprobleme umgangen, das Produktdesign vereinfacht und die Eigenschaften vieler Spritzgussteile kann verbessert werden.

Bei Protolabs wird hierbei ein zuvor spritzgegossenes Teil – der Vorspritzling – zurück in die Presse gebracht und ein zweiter Kunststoff oder Flüssigsilikon über, in und um das Originalteil gespritzt. Für das zweistufige Spritzgussverfahren wird ein Formenpaar benötigt – eine Form für den Vorspritzling und eine für das komplette, überspritzte Produkt. Außerdem muss die Maschine von einem Mitarbeiter bedient werden, der die Vorspritzlinge einsetzt und die fertigen Produkte herausnimmt. Dieser Prozess wird „Pick-and-Place“ (Umlegetechnik) genannt.

Wie geht es weiter? Bevor Sie mit einem 2K-Spritzguss-Designprojekt beginnen, sollten zunächst einige Designüberlegungen angestellt werden:

  • Verbindung. Eine solide Verbindung zwischen den beiden Werkstoffen ist beim 2K-Spritzguss von entscheidender Bedeutung.
  • Werkstoffe. Die Werkstoffe für den Vorspritzling und das Overmolding sollten physikalisch, chemisch und thermisch kompatibel sein.
  • Prinzipien. Die Prinzipien der Formbarkeit gelten gleichermaßen für den 2K-Spritzguss. Dabei sollten einige zusätzliche Überlegungen berücksichtigt werden.
Kompatibilität für chemische Verbindung
Verbindung

Beginnen wir mit der Verbindung. Bei einem perfekt umspritzten Teil kann die Umspritzung nicht entfernt werden und reißt, bevor er sich vom Vorspritzling löst, oder er reißt dabei sogar das darunter liegende Material mit ab. Die Thermoplasten TPU und TPC beispielsweise bilden eine starke chemische Verbindung mit ABS, Polycarbonat und PBT Valox (eine Art Polybutylen). Größere Einschränkungen gelten für Santopren TPV, einem robusten, aber flexiblen „Vulkanisat“, das für Witterungsdichtungen, in der Nahrungsmittelindustrie und für Draht- und Kabelanwendungen breite Anwendung findet, da es sich leicht mit Polypropylen, aber nur wenigen anderen Werkstoffen verbindet.

Es ist jedoch nicht immer möglich, bzw. in vielen Fällen gar nicht notwendig, eine hochwertige chemische Verbindung herzustellen. Nehmen wir als Beispiel einen spritzgegossenen Elektronikgehäusedeckel mit einer umspritzten Dichtung aus weichem Dichtungsmaterial. Wenn der Deckel einrastet, kann die Dichtung nirgendwohin ausweichen. Hierbei wird lediglich eine ausreichende Verbindung benötigt, um die Dichtung am Vorspritzling zu halten, damit sie nicht herausfallen oder bei der Montage verrutschen kann. Dies ist übrigens eine hervorragende 2K-Spritzgussanwendung, da hierbei gestanzte Papier- oder Gummidichtungen wegfallen, die manuell angeklebt werden müssten.

In den meisten Fällen empfehlen wir eine mechanische Verriegelung, um eine chemische Verbindung zu verstärken oder sogar zu ersetzen. Diese kann durch eine Hinterschneidung im Vorspritzling oder eine Reihe von umgekehrt verjüngten oder angesenkten Löchern erreicht werden, in die das Overmolding-Material fließen kann. Außer bei extrem anspruchsvollen Anwendungen bietet diese Verriegelung einen verlässlichen Mechanismus. Wenn Sie sich unsicher sind, wie Sie diese Merkmale in Ihr Teiledesign integrieren können, wenden Sie sich an einen unserer Anwendungsspezialisten telefonisch unter +49 (0) 6261 6436 947 oder per E-Mail an [email protected].

Mechanical interlock illustration
A mechanical interlock—as shown here—is strongly recommended if bonding is critical to your application. This can augment or even replace a chemical bond.
Maximale Werkstoffauswahl

Viele Gründe sprechen für das 2K-Spritzgussverfahren. Einer der häufigsten Gründe ist die verbesserte Griffigkeit des Produkts bei gleichbleibender physikalischer Festigkeit – Beispiele hierfür sind der Griff an einem Elektrowerkzeug oder ein rutschfester Griff bei chirurgischen Instrumenten. In diesem Fall ist TPU auf ABS eine hervorragende Wahl. Ästhetisches Aussehen und Produkt-Branding lassen sich ebenfalls mittels 2K-Spritzguss erzielen. So möchte z. B. ein Franchise-Unternehmen in der Sportbranche die Teamfarben in zweiteiligen umspritzten Mundschutzen für seine Spieler verwenden, oder ein bekannter Traktorenhersteller seine fahrbaren Rasenmäher mit grün und gelb umspritzten Motorhauben aufpeppen.

LSR ist ein weiteres beliebtes Spritzgussmaterial. Es bietet eine hervorragende Zug- und Reißfestigkeit, ist hydrophob (wasserabweisend), flexibel, bakterien- und UV-beständig und biokompatibel. So ziemlich der einzige Nachteil von LSR – zumindest in Bezug auf den 2K-Spritzguss – ist seine relativ hohe Einspritztemperatur von 177 °C. Diese Temperatur reicht aus, um die Materialien des Vorspritzlings, wie ABS, Polyethylen und andere, aufzuweichen. Doch zum Glück halten Polybutylenterephthalat (PBT) und glasfaserverstärktes Nylon diesen Temperaturen stand.

Protolabs bietet mehr als 100 technische Thermoplasten und Flüssigsilikone sowie Dutzende von Farbmitteln an.

Befolgen Sie die Regeln (Prinzipien)

Der 2K-Spritzguss funktioniert ähnlich wie das traditionelle Spritzgießen, besitzt jedoch ein paar zusätzliche Eigenheiten:

  • Die richtigen Formschrägen, einheitliche Wandstärken und fließende Übergänge müssen bei beiden Teilen eingehalten werden.
  • Die Dicke des Overmolding-Materials sollte maximal der Dicke des darunter liegenden Vorspritzlings entsprechen.
  • Die Schmelztemperatur des Overmolding-Materials sollte niedriger sein als die des Vorspritzlings (wie in unserem Beispiel mit LSR).
  • Wenn eine chemische Verbindung nicht praktikabel ist, brauchen Sie nicht zu verzweifeln. Mechanische Verriegelungen sind eine großartige Möglichkeit, „alles zusammenzuhalten“ und sollten wo immer möglich verwendet werden.
  • Eine Strukturierung des Vorspritzling-Werkstücks kann die Adhäsion unterstützen. Die Strukturierung des umspritzten Teils kann eine bessere Griffigkeit und eine attraktivere Oberfläche bieten.
  • Die Oberfläche des umspritzten Teils sollte mit den angrenzenden Oberflächen des Vorspritzlings bündig abschließen oder leicht darunter liegen.

Der 2K-Spritzguss ist eine hervorragende Möglichkeit, die physischen Attribute oder das Aussehen Ihres Produkts zu verbessern. Wie bei unseren anderen Spritzgussdiensten stellen wir kostengünstiges Werkzeug mit Produktionsmengen von 25 bis über 10.000 in etwa 15 Tagen her. Wenn Sie vorhaben, Millionen von Teilen zu produzieren, eignet sich das Express-2K-Spritzgussverfahren auch gut dafür, Prototypen auf Verbindung und Materialkompatibilität zu testen, bevor Sie in Produktionsformen für das zweistufige Verfahren investieren. Außerdem können die Prototypen so lange als Bridge-Tooling verwendet werden, bis diese Wrkzeuge fertiggestellt sind.

Da das 2K-Spritzgussverfahren komplexer ist als das herkömmliche Spritzgussverfahren, können die einmaligen Werkzeugkosten etwas höher ausfallen als die Gesamtkosten für zwei spritzgegossene und montierte Komponenten. Jede zusätzliche Investition wird jedoch durch den Wegfall von Folgekosten für die Montage sowie ein qualitativ hochwertigeres, haltbareres Produkt schnell aufgefangen.

Wie immer stehen wir Ihnen bei Rückfragen unter der Rufnummer +49 (0) 6261 6436 947 oder per E-Mail an [email protected] zur Verfügung. Damit Sie noch heute mit Ihrem nächsten Designprojekt starten können, laden Sie einfach ein 3D-CAD-Modell auf protolabs.com/de-de hoch, um ein interaktives Angebot innerhalb weniger Stunden zu erhalten.