Design Tip

Erstellung von komplexen Hinterschneidungen mit Zwangsentformung

Mit kleinen Hinterschneidungen können Sie Spritzgussteile mit komplexen Merkmalen durch Zwangsentformung fertigen

Injection moulding bumpoff ramp
Abbildung 1: Bei der Zwangsentformung muss ein Keil vorhanden sein, um den reibungslosen Auswurf des Teils aus der Form sicherzustellen.

Teile mit nur kleinen Hinterschneidungen können mittels Zwangsentformung sicher durch geraden Rückzug aus dem Werkzeug entfernt werden, ohne dass Seitenschieber erforderlich sind. Das Verfahren ähnelt den Druckknöpfen an einem Kleidungsstück, die durch Drücken geschlossen und durch Ziehen geöffnet werden. Würde man beim Öffnen und Schließen eines Druckknopfes einen Blick in das Innere werfen, könnte man die kurzfristige leichte Verformung beobachten. Das für die Druckknöpfe verwendete Material und das Design stellen sicher, dass sich die ineinandergreifenden Flächen weder dauerhaft verformen noch merklich abnutzen. So funktioniert auch der Teileauswurf bei der Zwangsentformung.

Bei einem Kunststoffteil in einer Aluminiumform gibt während des Auswurfs ausschließlich das Kunststoffteil nach, nicht aber die Form. Ob ein Teil bei der Zwangsentformung unbeschädigt bleibt, hängt von mehreren Faktoren ab. Verantwortlich sind etwa die Form der Hinterschneidung an sich, der für das Teil verwendete Kunststoff, die Geometrie des Bereichs um die Hinterschneidung sowie das Werkzeugdesign.

Injection moulding design with hook
Abbildung 2: Merkmale wie die Wulst an diesem Spritzgussteil verhindern, dass das Teil ordnungsgemäß ausgeworfen wird.

Abbildung 1 und 2 zeigen verschiedene Formen von Hinterschneidungen. Damit das Teil erfolgreich entformt werden kann, muss die Vorderkante der Hinterschneidung einen „Keil“ oder eine Rundung wie in Abbildung 1 haben. Eine Wulst oder eine scharfe Kante wie in Abbildung 2 ist ungeeignet. Wenn alle anderen Faktoren korrekt sind, kann in Abbildung 1 die keilförmige Lippe im Zylinder während des Auswurfs über die Kante der Werkzeugnut gleiten – wie ein Auto über eine Temposchwelle. Im Gegensatz dazu bleibt die Wulst in Abbildung 2 in der Nut des Einsatzes stecken. Das Teil wird entweder nicht ausgeworfen oder beim Auswurf beschädigt.

Kunststoffe wie TPE, Polypropylen oder nicht gefülltes Polyethylen sind dafür ausreichend elastisch. Sie werden daher am häufigsten für gängige Verbrauchsartikel, wie etwa Kunststoffdeckel für Flaschen, verwendet. Spröde Materialien wie glasgefülltes Nylon oder Polycarbonat (PC) sind aufgrund ihrer Steifigkeit ungeeignet.

 

Bei Protolabs erzeugen wir die benötigte Hinterschnittgeometrie durch einen fest im Werkzeug fixierten Kerneinsatz, statt die Teile mit Spezialwerkzeugen nachzubearbeiten. Protolabs fertigt mittels CNC-Bearbeitung einen Einsatz an, der an der B-Seite des Werkzeugs angebracht wird. Beispiele sind in Abbildung 3.1 und 3.2 zu sehen.

Falls Sie nicht sicher sind, ob sich die kleinen Hinterschneidungen Ihres Teiledesigns für die Zwangsentformung eignen, fragen Sie gerne unsere Anwendungstechniker unter +49 (0) 89 90 5002 0.