Die Wichtigkeit der Materialkunde bei der Interaktion von Bauteilen
Die Rolle von Werkstoffkompatibilität, Adhäsion, Reibung und Verschleiß beim Design von Spritzgussteilen.
Selbst ein perfekt konstruiertes Spritzgussteil kann möglicherweise enttäuschen, wenn es aus dem falschen Werkstoff gefertigt wird. Oft ist es schwierig aus Hunderten von Thermoplasten und Elastomeren die richtigen Materialien für die Anforderungen der Anwendung auszuwählen. Eine Vielzahl von Faktoren, wie die mechanische Festigkeit, UV-Beständigkeit, Lubrizität, Verschleißfestigkeit sowie chemische und UV-Beständigkeit sollten bei der Werkstoffwahl für den Spritzguss sorgfältig erwogen werden.
Beim 2K-Spritzguss kommen weitere Herausforderungen hinzu, denn hier müssen sich Designer nicht nur an die üblichen Spritzguss-Konstruktionsgrundsätze halten, sondern auch auf die Stärke und Haltbarkeit der chemischen und physikalischen Bindungen zwischen den gewählten Werkstroffen achten. In diesem Design-Tipp werden drei wichtige Aspekte beleuchtet mit denen Designer beim Entwerfen von Spritzgussteilen vertraut sein sollten - die Werkstoffkompatibilität, Adhäsion und Tribologie.
Reibung und Verschleiß
Beginnen wir mit einem Begriff, den man in der Fertigung nicht allzu oft hört. Die Tribologie befasst sich mit Reibung und Verschleiß zwischen zwei Flächen, die gegeneinander beweglich sind. Ein Beispiel sind Clip und Zunge eines Behälters mit Schnappverschluss. Ein Ingenieur, der sich mit der Tribologie von Teilen befasst, würde sich wahrscheinlich weniger mit den chemischen und mechanischen Bindungen beschäftigen, die für das Umspritzen eines Griffs für ein Elektrowerkzeug erforderlich sind (da sich diese Komponenten bei validem Design nicht gegeneinander verschieben), sondern eher um die Haptik und die Griffigkeit des Umspritzungsmaterials selbst.
3 Fragen zum Thema Werkstoffwechselwirkungen |
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Reibung und Verschleiß Haben Sie sich überlegt, inwiefern Reibung und Verschleiß zwischen Flächen, die miteinander wechselwirken, in Ihrem Design berücksichtigt werden müssen? Kompatibilität Sind Ihre Kunststoff- und Elastomer-Komponenten chemisch kompatibel?
Enthalten die Materialien für Ihre Teile Zusatzstoffe, wie Metall oder Glas, welche die Adhäsionseigenschaften beeinträchtigen könnten? |
Im Beispiel des Schnappverschluss, wäre ein verschleißfestes Polymer wie HDPE eine gute Wahl, obwohl hier auch ein relativ gleitfähiges Material wie Acetal in Frage kommen könnte. Beide Werkstoffe haben ihre eigenen Vorzüge, die bereits im Anfangsstadium des Entwicklungsprozesses sorgfältig gegeneinander abgewogen werden sollten. Das Produktdesign selbst kann ein wichtiger Faktor für das tribologische Verhalten sein. Oberflächen, die miteinander interagieren, sollten möglichst glatt sein, denn kleine Erhebungen und Vertiefungen auf rauen Oberflächen können sich ineinander verhaken, was bei wiederholtem Gebrauch zum Brechen führen kann.
Auch die Fertigungsmethode spielt eine Rolle. Im Beispiel des Clips, das sich leicht auf andere Kunststoffteile mit Pass- oder ineinandergreifenden Oberflächen übertragen lässt, unterscheidet sich eine maschinell bearbeitete Oberfläche von einer 3D-gedruckten. Eine spritzgegossene Oberfläche weist widerum andere Eigenschaften auf (und ist wahrscheinlich glatter als die anderen beiden). Ist die Interaktion der Bauteile ein Designanliegen, sollten die Teileeigenschaften möglichst frühzeitig analysiert und getestet werden.
Ein weiteres Beispiel: Metalleinleger sind eine beliebte Option bei Protolabs. Ob eine Bronzebuchse in einem spritzgegossenen Lüfterflügel, eine Edelstahlhülse in einer Kunststoff-Riemenscheibe oder eine Messing-Gewindemutter in einem Geräteknopf - solche Einleger lassen sich problemlos in Spritzgussteile einarbeiten. Die Werkstoffkompatibilität spielt hier eine untergeordnete Rolle. Die größte Hürde für den Konstrukteur besteht darin, sicherzustellen, dass beim Über- und Umspritzen des Einlegers mit Kunststoff eine starke mechanische Bindung entsteht. Dabei bilden Bronze und Messing gute, kostengünstige Lagerflächen, sind jedoch verschleißanfälliger als Kugellager. Stellen Sie sich folgende Frage: Wird Ihr Design den langfristigen Anforderungen an das Produkt gerecht? Ein gutes Verständnis der Reibungseigenschaften hilft bei der Beantwortung dieser und anderer wichtiger Fragen.
Werkstoffkompatibilität
Kaum jemand würde bestreiten, dass der 2K-Spritzguss eine der nützlichsten Entwicklungen in der Kunststoff-Fertigung seit der Schnellfertigung von Spritzgussformen ist. Er ist eine großartige Option, wenn ein weiches oder benutzerfreundliches Material auf einem strukturellen Kern benötigt wird – wie beim Griff eines Instruments oder beim Gehäuse eines tragbaren elektronischen Gerätes – oder wo aus ästhetischen Gründen mehrere Farben gewünscht werden. Im Internet findet man eine Menge Informationen über das Entwerfen für den 2K-Spritzguss, die sich sowohl mit der Notwendigkeit einer haltbaren mechanischen Verbindung als auch der chemischen Verträglichkeit zwischen zwei in Berührung stehenden Materialien befassen.
Zum Glück ist die Auswahl an chemisch verträglichen Materialien groß. So gibt es bei Protolabs zum Beispiel TPV Sarlink 3170, ein thermoplastisches Elastomer, das eine feste chemische Bindung mit Polypropylen eingeht. Eine weitere Option ist TPC Hytrel 4068, ebenfalls ein thermoplastisches Elastomer, das sich sehr gut mit ABS, Polycarbonat und anderen Werkstoffen verträgt. Dagegen gehört Nylon zu den schwierigeren Substraten für den 2K-Spritzguss, weil es dazu neigt, Feuchtigkeit zu absorbieren. Dennoch wird es für verschiedene Anwendungen eingesetzt.
Adhäsion
Es gibt jedoch noch weitere Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Das Teiledesign kann bedeutende Auswirkung auf die Festigkeit der Adhäsion bei 2K-Spritzgussteilen haben. Der Übergang zwischen Substrat und Überzug muss abrupt sein, um ein Auslaufen oder Dünnerwerden zu vermeiden. Hier kann durch eine Nut oder Schulter für eine klare Abgrenzung gesorgt werden. Ein Einrollen und potenzielle Reißstellen lassen sich vermeiden, indem der Formschluss an einer Stelle angebracht wird, die einen harten Anschlag für weiches, nachgiebiges und sehr fließfähiges TPE bildet. Wenn der Überzug zu dünn ist – etwa weniger als 1,59 mm (1/16 Zoll) dick – könnte das Material zu schnell abkühlen, was die Adhäsion beeinträchtigt. Bei hohem Länge/Dicke-Verhältnis können ähnliche Probleme auftreten.
Beim 2K-Spritzguss sind außerdem die spezifischen thermalen Eigenschaften beider Materialien zu beachten. Vielleicht entscheiden Sie sich für Silikon (LSR) aufgrund seiner hervorragenden Wärme- und Chemikalienbeständigkeit, Biegsamkeit bei niedrigen Temperaturen und inhärenten Lubrizität. Dabei ist jedoch zu beachten, dass zur Aushärtung von LSR Temperaturen von 150 bis 200 Grad Celsius erforderlich sind, denen ABS, Polyethylen, Polypropylen und andere Werkstoffe nicht standhalten. Auch die Entlüftung ist wichtig, denn in unzureichend belüfteten Formen kann es zu Brennern, ungenügender Adhäsion und unvollständiger Formfüllung – als „Short Shots“ bezeichnet – kommen.
Die online verfügbare Kompatibilitätstabelle ist sehr übersichtlich, aber wenn Sie Ihren eigenen Werkstoff bereitstellen möchten, lassen Sie sich am besten von Ihrem Kunststofflieferanten zur Formbarkeit und Anwendung beraten. Das gilt besonders dann, wenn Sie eine anwendungsspezifische Polymermischung verwenden, wie es immer mehr Protolabs-Kunden tun. Farbmittel können die Adhäsion beeinträchtigen, genauso wie ein hoher Anteil an Zusatzstoffen wie Metall oder Glas. Wir raten daher immer, zuerst ein paar Musterteile herzustellen und diese gründlich zu prüfen, bevor ganze Serien in Auftrag gegeben werden.
Halten Sie sich an die Designempfehlungen
Es gibt unzählige Beispiele und endlos viele Polymer Kombinationen. Darum ist es wichtig, sich bereits am Anfang des Designprozesses sachkundig über die Tücken der Adhäsion und die chemische Verträglichkeit von Polymeren beraten zu lassen. Nur so kann gewährleistet werden, dass a) die gewählten Materialien sich gut vertragen, b) das Teil oder die 2K-Kombination gemäß Entwurf machbar sind und c) die tribologischen Eigenschaften stimmen, das heißt, dass die gewählten Materialien gleitfähig, verschleißfest oder haftfähig genug für den Zweck des Produkts sind.
Hier ist es besonders wichtig, sich an die Empfehlungen von Protolabs zu halten. Ein Kunststoff mit hohem Zusatzstoffgehalt wird möglicherweise den Anforderungen an Ihr Produkt gerecht, andererseits ist der Zeitaufwand für das Produktdesign möglicherweise größer. Die Formbarkeit nimmt mit einem wachsenden Anteil von Zusatzstoffen ab, und bei komplexen Teilen ergeben sich zusätzliche Herausforderungen.
Keine Sorge! Alle diese Herausforderungen lassen sich durch gezielte Aufmerksamkeit auf den Designprozess und einer Überprüfung der Werkstoffwahl bewältigen. Im Zweifelsfall lassen Sie sich von Protolabs beraten – auch wenn Sie noch am Anfang Ihrer Entwurfsphase befinden. Mithilfe unserer fachkundigen Mitarbeiter, des automatischen Angebotsprozesses und der kostenlosen Formbarkeitsanalyse lassen sich selbst chemisch anspruchsvolle Materialien problemlos verarbeiten.
Wie immer gilt: bei Fragen oder Anmerkungen, kontaktieren Sie gerne unsere Anwendungstechniker unter der Rufnummer +49 (0) 89 905002 22 oder senden Sie eine E-Mail an [email protected], um mit einem unserer Customer Service Mitarbeiter in Verbindung zu treten.