Wie man bei Spritzgussteilen das Entstehen einer Naht verhindert
Beachten Sie beim Entwerfen von Spritzgussteilen folgende Schritte, um Nähte zu vermeiden.
Kunststoff-Spritzguss ist seit langem ein kostengünstiges und effizientes Verfahren zur Herstellung von kundenspezifischen Prototypen und Produktionsteilen für die Endanwendung. Produkt-Designer stehen einer Vielzahl von Herausforderungen beim Entwurf und der Entwicklung von Spritzgussteilen gegenüber, darunter Belastungsfaktoren, Verziehen und Nähte. Dieser Design-Tipp erläutert, wie und warum problematische Nähte beim Spritzgießen auftreten. Zudem zeigt er Lösungen auf, um diese zu verhindern.
Die Kunststoff-Abkühlung
Der Kunststoff-Spritzguss ist ein Fertigungsverfahren, bei dem Kunststoff mittels Hitze in einem Zylinder geschmolzen und anschließend in eine Form eingespritzt wird, um ein fertiges thermoplastisches Teil zu formen. Beim Einspritzen in die Form kühlt der Kunststoff ab. Da die Außenkante einer Form immer der kühlste Bereich des Kunststoffstroms ist, verfestigt sich dieser als erstes. In einer gut konzipierten Form ist dies gewöhnlich kein Problem. Jedoch treten Ausnahmen an Stellen auf, an denen der Kunststofffluss durch ein Hindernis oder durch ein Loch geteilt wird. Dieser fließt auf der anderen Seite des Hindernisses wieder zusammen. Ein Beispiel dafür ist der Kern, der ein rechteckiges Loch in einer Abdeckplatte bildet. In diesem Fall treffen stromabwärts des Hindernisses zwei Oberflächen aufeinander. Idealerweise bilden sie beim Aufeinandertreffen eine feste Verbindung. Sind sie jedoch zu stark abgekühlt, so können diese nicht komplett verschmelzen, folglich kommt es zu einer Naht.
Nähte und Kunststoffe
Eine Naht ist eine sichtbare oder unsichtbare Linie, an der zwei Kunststoffströme aufeinandertreffen. Grundsätzlich stellt eine Naht kein Problem dar. Allerdings ist dies abhängig von dem Design der Form und dem eingespritzten Werkstoff. So kann sie ein kosmetisches oder sogar ein ernsthaftes strukturelles Problem verursachen. Einer der entscheidenden Faktoren ist der eingespritzte Kunststoff, denn Kunststoffe eignen sich unterschiedlich gut zur Bildung von Bindenähten. Am wahrscheinlichsten treten Nähte bei ABS auf. In vielen Fällen ist eine Naht in ABS stabil genug, um nicht zu einer erheblichen Schwächung des Teils zu führen. Sie kann jedoch im fertigen Teil einen Riss verursachen.
Bereiche in denen Probleme entstehen können
Ein Bereich, in dem Nähte strukturelle Probleme verursachen können, ist hinter einer Wulst. Eine Wulst ist ein Teil mit einem Loch, das dadurch eine Befestigungsschraube aufnehmen kann. (Protolabs stellt keine Innengewinde her; diese würden von einer gewindeformenden Schraube geschnitten, in einem separaten Arbeitsschritt bearbeitet oder als Einsatz hinzugefügt werden.)
Wenn sich ein hervorstehender Kernstift in der Form bildet, um den der Kunststoff herumfließt, entsteht eine Wulst. Treffen diese Kunststoffflächen auf der Rückseite des Stiftes aufeinander, so bilden sie eine Bindenaht.
Besonders problematisch wird dieser Zustand durch zwei Faktoren. Zum einem, wenn sich die Wulst in der Nähe einer Kante des Teils befindet. In diesem Fall fällt die Bindenaht sehr kurz aus und hinterlässt relativ wenig Oberfläche, mit der die beiden Flächen zusammengehalten werden kommt. Kommt der „Keileffekt“ einer Schraube, die in die Wulst getrieben wird hinzu, kann eine Bindenaht zu einem Riss werden.
Zum anderen kommt es zu Bindenähten zwischen Angüssen. Angüsse sind die Bereiche, in denen der Kunststoff in das Teil eingespritzt wird. In der Regel verwenden wir nicht mehrere Angüsse an einem Teil. Falls doch, prüfen Sie, ob etwa in der Mitte zwischen zwei Angüssen irgendwelche Anforderungen hinsichtlich Kosmetik und Festigkeit erforderlich sind sowie die Anordnung Ihrer Anguss- und Auswerferstifte.
Es gibt noch einen weiteren Faktor, der zu Problemen mit Bindenähten führen kann, nämlich der Einsatz von gefüllten Kunststoffen. Stellen Sie sich den Strom einer Kunststoffschmelze vor, die z.B. mit Glasfaser gefüllt ist. Natürlich bleibt das Füllmaterial beim Durchströmen des Kunststoffs durch die Form immer hinter der Front zurück. Wenn also zwei Fließfronten aufeinandertreffen und erstarren, befinden sich nur wenige oder keine Fasern an der Naht. Das heißt nicht unbedingt, dass die Naht schwach grundsätzlich ist, sie verfügt jedoch nicht über die Vorteile einer Faserverstärkung.
Lösungen
Was können Sie tun, um problematische Nähte zu vermeiden? Sie können wahrscheinlich nicht auf Merkmale wie Wulste verzichten. Jedoch können Kunststoffe ausgewählt werden, die weniger anfällig für die Bildung von Nähten sind. Insbesondere können Sie bei Teilen mit Merkmalen wie Durchgangslöchern gefüllte Kunststoffe vermeiden. Teilewände können dicker gestaltet werden, um dadurch das Abkühlen des Kunststoffs zu verlangsamen. Dennoch sollten die Wände nicht zu dick ausfallen, da ansonsten Einfallstellen entstehen können. Außerdem können Sie Merkmale, die Nähte verursachen, mit einem gewissen Abstand zu den Kanten eines Teils unterbringen, sofern das Design dies erlaubt.
Erfahren Sie mehr über die Auswahl des richtigen Kunststoff für Ihr nächstes Spritzgussteil sowie über Grundlagen der Formbarkeit.
Natürlich ist es besser, Nähte in Ihren Prototypen als in Ihren Fertigungsteilen vorzufinden, und das ist natürlich auch der Grund für die Herstellung von Prototypen. Sollten Sie dazu weitere Fragen haben, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung +49 (0) 89 90 5002 22 oder unter [email protected].
Darüber hinaus bietet Ihnen unser kostenloser Design-Würfel eine physische Hilfe, um zu verstehen, wie sich Nähte bilden sowie für andere Designüberlegungen zum Spritzguss.