Wie Sie das Spritzgussverfahren optimal für Kleinserien nutzen
Ob Sie ein lebensrettendes Medizinprodukt oder einen innovativen Gartenhahn entwerfen – die hohe Investition in Stahlwerkzeuge für die Massenproduktion birgt bei der Umstellung auf große Serien ein finanzielles Risiko. Hinzu kommt eine monatelange Stillstandszeit beim Warten auf das Stahlwerkzeug, in der Sie eigentlich am Teiledesign arbeiten oder sogar Produkte herstellen und Umsatz generieren könnten.
Es gibt einen Weg, um finanzielle und Produktentwicklungsrisiken einzudämmen und so besser auf einen späteren Umstieg auf die Massenproduktion von Kunststoffteilen vorbereitet zu sein. Das Schnellspritzgussverfahren mit thermoplastischen Werkstoffen von Protolabs, bei dem Aluminiumwerkzeug zum Einsatz kommt, ist eine schnelle und kostengünstige Methode zur Herstellung von 25 bis 10.000 Teilen und mehr.
Bei der Umstellung von Aluminiumwerkzeugen auf die Massenproduktion mit Stahlwerkzeugen können einige wichtige Designüberlegungen das Design von Spritzgussteilen verbessern.
Machbarkeitsanalyse
Das Wichtigste zuerst: Teiledesigns können Tag und Nacht an sieben Tagen in der Woche direkt online unter protolabs.de hochgeladen werden. In der Regel wird innerhalb von 24 Stunden ein interaktives Angebot versendet, das die Basis in unserem Prozess darstellt. Nachdem Sie ein Angebot erhalten haben, können Sie die wesentlichen Einstellungen festlegen, z. B. den gewünschten Werkstoff, die Oberflächenqualität und die Menge der Erstproduktion.
Mit jedem Angebot wird eine kostenlose automatisierte Machbarkeitsanalyse bereitgestellt. Dazu zählen Empfehlungen darüber, wie und wo die Teilegeometrie verändert werden sollte, um die mechanische Festigkeit zu verbessern, Einfallstellen zu reduzieren und Wandstärken anzupassen, sowie weitere Überlegungen, mit denen Kosten eingespart und die Produktion und Standzeiten verbessert werden können. Dieses äußerst wertvolle Hilfsmittel kann dazu beitragen, ein Design zu verfeinern, um ein formbareres Teil zu erhalten.
Finessen der Oberflächenveredelung
Ein häufiger Fehler bei Spritzgussteilen ist die Wahl einer besseren Oberflächenqualität als für die Funktion des Teils notwendig. So müssen z. B. für die sehr glatte Oberflächenbehandlung SPI-A2 (d. h. Diamantpolitur) die Oberflächen der Formhohlräume mit einer Diamantpoliturscheibe mit 1-2 Ra handpoliert werden. Dies treibt die Kosten für die Formherstellung in die Höhe und verlängert die Vorlaufzeit. Die günstigste Oberflächenqualität ist PM-F0 (nicht kosmetisch), eine Oberfläche, die im bearbeiteten Rohzustand belassen wird und in der Regel einige Werkzeugspuren aufweist. Dazwischen gibt es zwei Optionen, wie eine 10-12 Ra SPI-C1 Oberflächenveredelung, die mit einem Stein mit 600er Körnung hergestellt wird, oder eine PM-T1 Oberflächenveredelung mittels Perlstrahlen. Darüber hinaus stehen weitere Oberflächenbehandlungen zur Verfügung. Entscheiden Sie sich für die kostengünstigste Oberflächenveredelung, die mit Ihrer Anwendung kompatibel ist. Unser kostenloser Designwürfel veranschaulicht alle verfügbaren Oberflächenqualitäten von Protolabs.
Geizen Sie nicht mit Formschräge
Die Formschräge ist ein weiterer Aspekt von Spritzgussprodukten, den Designer, die mit bearbeiteten oder 3D-gedruckten Teilen vertraut sind, gerne übersehen. Spritzgussteile benötigen Formschräge aus demselben Grund, aus dem Eiswürfel keine echten Würfel sind. Wäre ein Eiswürfel würfelformig, könnte er niemals aus der Form gebracht werden. Eiswürfel haben daher schräge Kanten (oder Formschräge) und runde Ecken – genauso sollte es sich mit Spritzgussteilen verhalten. Die Formschräge ermöglicht ein einfacheres Auswerfen des Teils.
Ein richtig entworfenes Teil besitzt an allen vertikalen Flächen, d. h. den Flächen, die rechtwinklig zur Trennebene verlaufen, mindestens 0,5 Grad Formschräge. Wenn das Teiledesign es zulässt, sind 2 bis 3 Grad noch besser. Bei stark strukturierten oder komplexen Oberflächen können 5 Grad oder mehr erforderlich sein. Die gute Nachricht lautet, dass die meisten CAD-Programme dies beim Teiledesign für Sie übernehmen, solange Sie verstehen, wie das Teil in der Form ausgerichtet sein wird. (Die Mitarbeiter unseres technischen Kundendienstes erklären Ihnen gerne die Ausrichtung des Teils in der Form, wenn Sie sich unsicher sind.) Wurde im Ausgangsentwurf vergessen Formschräge einzuplanen, werden in der Machbarkeitsanlayse auf Ihrem Angebot alle Merkmale hervorgehoben, die noch Formschräge benötigen.
Die richtige Wandstärke
Die Wandstärke ist sehr wichtig. Stellen Sie sich vor, Sie entwerfen eine einfache Box. Auf den ersten Blick scheinen dicke Wände vielleicht ein guter Weg zu sein, um den Inhalt der Box zu sichern. Doch die mit dem Spritzgussverfahren verwendeten Kunststoffe sind nun einmal formbar. Wände, die dicker sind als für die verwendete thermoplastische Werkstoffgruppe empfohlen, sind beim Abkühlen anfällig für Verformungen und Einfallstellen. Als allgemeine Faustregel gilt eine Wandstärke zwischen 1 und 3,5 mm, die einheitlich über das gesamte Teil angewendet wird.
Manche Kunststoffe sind empfindlicher gegenüber zu dicken oder zu dünnen Wandstärken als andere – während Acetal und ABS eine Wandstärke von maximal etwa 3 mm zulassen, sind bei Acryl bis zu 12 mm, bei Polyurethan bis zu 18 mm und bei bestimmten faserverstärkten Kunststoffen bis zu 25 mm oder mehr möglich. Allerdings sollten Designer berücksichtigen, dass sehr dicke Querschnitte die Wahrscheinlichkeit von optischen Mängeln wie Einfallstellen erhöhen können. Beachten Sie unsere Empfehlungen zur Wandstärke für unterschiedliche Kunststofftypen.
Radien im Auge behalten
Seitdem Aluminiumformen mit Schaftfräsen bearbeitet werden, sind scharfe Innenkanten ein Thema. In der Tat neigen scharfen Kanten an einem Spritzgussteil dazu, Spannungen zu erzeugen und die strukturelle Integrität zu schwächen. Daher empfehlen wir beim Teiledesign einen großzügigen Einsatz von Radien (abgerundete Kanten oder Ecken). Für die Innenseite einer Box von z. B.101,6 mm x 152,4 mm x 50,8 mm, ist es ratsam, abgerundete Kanten mit einem Radius von 6 mm einzuplanen, um ein robustes Teil mit verbesserter Formbarkeit zu erhalten.
Wenn mehrere Kavitäten eine gute Sache sind
Eines der schönen Dinge beim Spritzgießen ist die Möglichkeit, mehrere Teile in einem einzigen Spritzzyklus zu formen. Nachdem ein oder mehrere Teile entworfen wurden, besteht die Option, entweder ein Mehrfachwerkzeug oder ein Familienwerkzeug zu verwenden. Bei Mehrfachformen ist mehr als eine Kavität in die Form gefräst, sodass mehrere identische Teile mit einem einzelnen Schuss geformt werden können; bei Familienwerkzeugen ist mehr als ein Kavität in die Form gefräst, sodass mehrere unterschiedliche Teile mit einem Schuss geformt werden können.
Unsere Kunden können Mehrfachformen verwenden, um gleichzeitig zwei oder mehr Teiledesigns mit weniger Iterationen herzustellen und so verschiedene Produktdesigns schnell parallel zu testen. Sie sind außerdem eine gute Option, wenn über das Erstmuster hinaus weitere Mengen benötigt werden, da sie helfen, die Stückkosten zu reduzieren. Beachten Sie jedoch, dass sich mit Mehrfach- und Familienwerkzeugen zwar mehr Teile pro Zyklus herstellen lassen, ihre Verwendung jedoch stark von der Geometrie abhängt.
Am besten testen Sie Ihr Design in Einfachwerkzeugen, bevor Sie sich auf ein Mehrfachwerkzeug festlegen. Außerdem kann es zu Schwierigkeiten beim Einlesen der Daten für die Spritzgussmaschine kommen, wenn Teile unterschiedlicher Größen und Volumina in einem Familienwerkzeug kombiniert werden. Lassen Sie sich von unseren Kundendiensttechnikern beraten, bevor Sie Mehrfachformen einrichten.
Die Welt der Werkstoffe
Protolabs bietet mehr als 100 thermoplastische Kunststoffe in vielen verschiedenen Farben und Additiv-/Füllstoffoptionen an. Eigenschaften wie z. B. Haltbarkeit, Festigkeit, Chemikalien- und Wärmebeständigkeit variieren je nach Kunststofftyp. Wem das noch nicht genügt, dem bieten wir Spritzgussteile aus Flüssigsilikon (LSR), das aufgrund seiner hohen Flexibilität weniger Formschräge erfordert, sowie Metallspritzgießen (MIM), womit sich völlig dichte Teile aus Stahl und Edelstahl herstellen lassen. Beide Verfahren gleichen denen des Spritzgussverfahrens mit Kunststoff, mit vergleichbaren Preisen und Lieferzeiten.
Kleinserienproduktion – und einen Schritt weiter
Werden Designüberlegungen für das Schnellspritzgießen bereits in einem frühen Stadium des Produktentwicklungsprozesses angestellt, wirkt sich dies positiv auf die Qualität und Bearbeitungszeit von Prototypen aus – Vorteile, die Ihnen schließlich dabei helfen, Iterationen vor der Markteinführung schnell und zuverlässiger durchzuführen. Außerdem ergibt sich ein Mehrwert, wenn die Stückzahlen eines Produkts in die Hunderttausende ansteigen. Sie verfügen jetzt über ein vollständig getestetes Teiledesign, das einfach und wirtschaftlich in Stahlwerkzeugen hergestellt werden kann, wodurch ihre finanziellen Risiken drastisch reduziert werden.
Wir bieten eine Reihe digitaler Hilfsmittel an, darunter Infobroschüren für das Spritzgussverfahren und Optionen zur Werkstoffauswahl. Die Mitarbeiter unseres technischen Kundendienstes stehen Ihnen bei allen Fragen unter [email protected] oder telefonisch unter +49 (0) 6261 6436 947 gerne hilfreich zur Seite.