"Ready to race"
KTM Sportmotorcycle AG
Der gleichnamige Slogan des größten europäischen Sportmotorradherstellers KTM aus dem österreichischen Mattighofen ist mehr als eine reine Marketingbehauptung. Jedes Bike, welches das Werk verlässt, ist sofort nach dem Auspacken uneingeschränkt für die sportliche Hatz gerüstet – ganz gleich auf – oder abseits befestigtem Untergrund. „Für uns ist die einzigartige Auslegung unserer Fahrzeuge inzwischen dermaßen selbstverständlich, dass wir eher auf die „Rennbereitschaft“ des Fahrers warten.“, flachst Helmut Gröbner, Gruppenleiter für Kunststoffkomponenten in der Entwicklung bei KTM. Damit dies bei gut 100.000 verkauften Stück jährlich funktioniert, bedient sich das KTM-Team unter anderem beim weltweit schnellsten Hersteller von Kunststoffteilen – Protolabs.
Rennsport heißt höchste Präzision, Leistung auf den Punkt bringen und kompromisslose Zielstrebigkeit zum Erfolg. Bei der KTM-Sportmotorcycle AG sind diese Voraussetzungen in allen Bereichen tief verinnerlicht und in jeder Abteilung spürbar. Niemand steht so oft ganz oben auf dem Siegerpodest in Motocross- und Enduro-Wettbewerben wie KTM. „Ein typisches Starterfeld besteht zu 70 - 80 Prozent aus KTM-Bikes. Ausfälle wegen Materialfehlern bedeuten einen gewaltigen Imageverlust. Wir haben in der Firmengeschichte bis heute ca. 223 WM-Titel geholt und alle drei Motorklassen gewonnen. Für die Rallye Dakar bieten wir fertige Maschinen ab Werk an. Seit 2001 bis 2012 sind wir ununterbrochen als Sieger aus dem Wüstenrennen hervorgegangen.
Motorsport im Gelände ist die härteste Prüfung für Mensch und Material, wobei Ausfälle in KTM-Teams meist auf das Konto des Fahrers gehen.“ Eine Leistung, die seinesgleichen sucht und die erahnen lässt, mit welcher Akribie bei KTM vorgegangen wird, um solche Erfolge dauerhaft zu erreichen. Dabei sind die Produkte für den Offroadbereich nur ein Teil der Palette, die ergänzt wird von Sportminicycles, beeindruckenden „Superbikes“ in der Sparte Street und sogar „Supersportwägen“ der Modellreihe „XBOW“. Die hochgradige Spezialisierung schlägt sich ebenfalls in der Entwicklung nieder. Helmut Gröbner und sein zehnköpfiges Team kümmern sich ausschließlich um Kunststoffteile.
Der Druck, der auf dem Entwicklungsteam lastet, ist enorm. Insbesondere vor Messen oder einer Produktneuvorstellung. „Wenn wir ein Kunststoffteil freigeben, dann kann es auch uneingeschränkt in der Serie verbaut werden. Wir überlassen nichts dem Zufall, unsere Kunden vertrauen uns zu 100 Prozent in puncto Leistungsfähigkeit.“ Helmut Gröbner zieht alle Register für ein optimales Ergebnis. Bereits als 3DCAD Modell in Pro/E Wildfire werden erste statische und dynamische FEM-Belastungssimulationen durchgeführt. Die Zusatzsoftware „Moldflow“ bietet die Füllsimulation im Spritzguss an. Doch dann kommt der Punkt, an dem das virtuelle Produkt echte Formen annehmen muss, um unter realen Bedingungen getestet zu werden.
„Unser erstes Projekt mit dem Protolabs Schnellspritzgussverfahren Protomold war eine Abdeckung für einen Enddämpfer am Auspuff. Theoretisch hätte das Teil aus Kunststoff allen Anforderungen gerecht werden sollen, doch wir waren uns angesichts von 25 bis 30 Tausend Euro Werkzeugkosten nicht ganz sicher, ob wir das Risiko eines sofortigen Produktionsstarts eingehen können.Die Zeit drängte und ein Kollege erinnerte sich an ein Inserat von Protolabs: echte Teile – echt schnell. Also probierten wir es aus und siehe da: unser Kunststoffteil hielt den Anforderungen in der finalen Einbausituation unter Alltagsbedingungen nicht stand und wir ersetzten es durch eine Metallabdeckung. Gut, dass wir diese Entscheidung so schnell und so sicher zu einem so frühen Zeitpunkt treffen konnten. Das Unternehmen KTM hat dadurch enorm Geld gespart und Zeit gewonnen.“
Es versteht sich von selbst, dass herkömmliche Prototyping-Verfahren für diesen Test ungeeignet gewesen wären. „Wir verfügen über einen 3D-Drucker im Haus und wir haben auch schon SLA-Teile machen lassen, die Einschränkung auf die dort verwendeten Ersatzmaterialien lassen keinen vollwertigen Praxistest zu. Sie sind lediglich schnell und gewähren eine gewisse Anschaulichkeit. Andere Prototypenverfahren wie Vakuumgießen und aus dem Vollen gefräste Kunststoffteile sind zwar hilfreicher, aber der Prozess mit Anfrage, Angebot und Lieferung dauert deutlich länger als dies bei Protolabs der Fall ist.“
Wie entscheidend solche verbindlichen Zusagen mit echten Teilen innerhalb kürzester Zeit sein können, zeigte sich bald. „Wir waren an der Optimierung eines Filterkastendeckels, der bisher aus Metall gefertigt wurde. Ziel war das schnelle und werkzeuglose Öffnen des Deckels, bei ausreichender Fixierung, damit er sich bei den vorhandenen starken Vibrationen nicht von selbst lösen konnte. Wir hatten bereits Ideen für eine Variante aus Kunststoff, jedoch stand der Serienstart unmittelbar bevor und wir mussten eine Lösung finden. Wieder half uns Protolabs mit dem Schnellspritzgussservice Protomold. Protolabs hatte das gewünschte Material auf Lager. Der erste Anlauf hat gezeigt, dass der Sitz nicht optimal war und die Schnapphalter zu hart ausfielen. Im zweiten Anlauf war alles perfekt. Innerhalb von nur fünf Wochen haben wir zwei Varianten ausprobiert und alle 5000 Teile für die erste Kleinserie geliefert bekommen. Unser Produktionsstart verlief tadellos und die Lösung für die Filterkastenabdeckung war sicher gefunden.“
„Wir gewinnen mit Protolabs völlig neue Freiheiten“, freut sich Helmut Gröbner. Beispielsweise konnten zu einem sehr frühen Zeitpunkt Soziushaltegriffe aus Kunststoff TÜV-zertifiziert werden, obwohl noch gar kein Serienwerkzeug in Auftrag gegeben wurde. „Die grundlegende Frage war die nach Kunststoff oder Metall, um die vorgeschriebene Festigkeit zu erreichen. Der TÜV prüft natürlich nur echte Teile und dank Protomold haben wir uns zielsicher für Kunststoff entscheiden können.“
Beinahe übermütig aus dieser Erfahrung heraus, zeigte man sich kurz vor einer der wichtigsten Branchenmesse im Jahr, der INTERMOT, die Anfang Oktober in Köln stattfand. „Mitte / Ende Juli haben wir spontan entschieden, uns ein ehrgeiziges Ziel zu setzen: wir präsentieren unsere jüngste Idee zu einem neuen Rückspiegel bereits in diesem Jahr auf der Messe und nicht erst ein Jahr später.“ Eine heikle Sache, denn ein Spiegel ist ein markanter Punkt an einem Bike und unter normalen Voraussetzungen ist ein solch enger Terminplan nicht zu halten. Hinzu kommt, dass das betreffende Modell, die Reiseenduro KTM 1190 Adventure, sich in einem Marktsegment bewegt, das bisher stark von einem Wettbewerber beansprucht wird und das eine TÜV-Abnahme bis zur Messe erfolgen muss.
Üblicherweise benötigt man ein Jahr für einen Designprozess von der Idee bis zur Serie inklusive TÜV-Abnahme. Wir haben die extrem kurze Zeit zur Realisierung sportlich, als unser ganz persönliches Rennen, gesehen. Möglich gemacht hat dies Protolabs mit Protomold, da wir nur in dieser Konstellation echte Teile bekommen haben, die wir sowohl bei der TÜV-Prüfung, als auch bei der Messepräsentation verwenden konnten. Natürlich haben wir uns alle, inklusive Protolabs, ziemlich ins Zeug legen müssen, zur großen Freude aller Beteiligten haben wir es am Ende tatsächlich geschafft. Das neue Modell auf der INTERMOT verfügte über einen TÜV-zertifizierten Spiegel, den es bisher noch nicht gegeben hat.“ Augenzwinkernd fügt Gröbner hinzu: „Nur wenigen Standbesuchern ist aufgefallen, dass die Poster im Hintergrund noch die bisherige Variante zeigte. Wir waren eben schneller als die Grafiker und die Druckmaschinen…“