Durchbruch bei der Vitalmessung
Piavita nutzt Protolabs für Topinnovation in der Veterinärmedizin
Pferde sind äußerst sensible Tiere. Trotz ihrer Größe reagieren sie sehr empfindlich auf kleinste Veränderungen. Veterinärmediziner hatten bislang erhebliche Schwierigkeiten, wenn es darum ging, verlässliche Vitaldaten der Tiere über längere Zeit zu ermitteln. Einem Schweizer Unternehmen gelang mit dem Piavita Vet System der Durchbruch bei der stressfreien Langzeituntersuchung. Protolabs liefert dazu die passenden Kunststoffgehäuse.
Eine gute Idee allein reicht nicht. Bis ein Produkt verkaufsfertig in den Handel kommt, ist es ein langer Weg. Sascha Bührle weiß das. Als Embedded Systems Ingenieur hat der Co-Founder und CTO von Piavita schon vor der Gründung seiner eigenen Firma tiefe Einblicke in die Forschung und Entwicklung von Sensoren in der Elektrotechnik bekommen. Er selbst hat bereits mehrere Patente angemeldet. Unter anderem im Bereich Stromerzeugung von Fahrzeugen und für die Erzeugung von kristallklaren Eiswürfeln. Beim Downhillracing entstand schließlich die Idee für einen höchst präzisen Sensor, welcher durch verschiedenste Schichten hindurch Bewegungen messen konnte. Später stellte sich heraus, welchen Nutzen ein solcher Sensor für die Veterinärmedizin bieten kann.
Innovation für die Tiermedizin
Der entwickelte Sensor kann durch Fell, Haut und Unterhautstrukturen messen - eine Innovation in der Tiermedizin mit großem Potential! Die Messung von Vitalparametern wie EKG, Herz- und Atemfrequenz mit herkömmlichen Methoden bedarf eines erheblichen Aufwandes. Unter anderem können mehrere Geräte, eine Rasur, Verkabelung und Verkleben von Elektroden, oder gar invasive Methoden notwendig sein, um die benötigten Daten zu erheben. Eine automatisierte, langfristige Überwachung von mehreren Vitalparametern gleichzeitig ist oft nicht möglich, obwohl dies dringend benötigt wird. Auch für nicht-stationäre Eingriffe wie Zahnbehandlungen und Kastrationen kann die Kontrolle der Vitaldaten entscheidende Vorteile bieten, bisher war der dafür nötige Aufwand allerdings nicht vertretbar. Dies liegt unter anderem auch daran, dass meist nur größere Tierkliniken die dazu erforderlichen, kostspieligen Geräte besitzen. Eine weitere große Problematik stellt die Ein- und Aufwachphase bei Operationen dar, sie gilt als Risikoreichste in der Veterinärmedizin, da das Tier in dieser Phase bisher noch nicht genau digital überwacht werden kann.
Dies ändert sich nun durch das Piavita Vet System. Ein handtellergroßes Gerät misst mehrere Vitalparameter gleichzeigt, wie EKG, Herzfrequenz, Körperkerntemperatur, Atemrate und-verlauf, sowie Aktivität. Die Messung funktioniert komplett nicht-invasiv, ohne Kabel, ohne Rasur und ohne Klebestellen. Dank der Übertragung der Messdaten in die digitale Cloud lassen sich die gemessenen Daten in Echtzeit auf der Piavita Vet Plattform verfolgen und speichern - egal ob man neben dem Patienten steht oder weit entfernt auf dem heimischen Sofa sitzt.
Das Potential, das in diesem System steckt, erkannte auch Prof. Dr. med. vet. Colin Schwarzwald, Direktor der Klinik für Pferdemedizin an der Universität Zürich.
Wissenschaftliche Unterstützung
Professor Schwarzwald begleitet die Entwicklung des Piavita Vet Systems zur Erfassung und Überwachung von Vitaldaten auf wissenschaftlicher Seite. Die Möglichkeiten, die das Piavita Vet System bietet, bedeuteten einen enormen Fortschritt in der medizinischen Behandlung der wertvollen Tiere. So ergänzte Sascha Bührle die eigens entwickelte Sensortechnologie mit den Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie. Dank Piavita entsteht dabei Big Data zum Gesundheitszustand von Pferden im noch nie da gewesenen Umfang und Detailgrad. Durch Deep Learning Algorithmen wird die unmittelbare Verarbeitung und Visualisierung der medizinischen Daten ermöglicht. Die Verbesserung der Mustererkennung erfolgt automatisiert.
" Die Beratung war erstklassig. Das Angebot erhielt ich innerhalb eines Tages."
Kabellos, stressfrei, vielfältig
Das Piavita Vet System besteht aus drei Hardwarekomponenten (Messgerät, Gurt und Übertragungsstation) und der multifunktionalen Web-Plattform mit etlichen Reportingtools und einem Patientenmanagement System. Die Übermittlung der Daten funktioniert dabei via neuester Bluetooth Technologie und einer Internetverbindung. Da das Pferd während der Messung nicht beeinträchtig wird, gewinnen die Daten stark an Aussagekraft. Die gemessenen Vitaldaten lassen sich in Echtzeit direkt von jedem PC oder Tablet abrufen und auswerten, vergangene Messungen werden automatisch gespeichert. Zusammen mit der einfachen Handhabung der Hardware-Komponenten und der intelligenten Datenverarbeitung ist das System interessant für viele Anwendungsbereiche in der Pferdemedizin. Dazu gehören vor allem die Überwachung während einer Operation, einer Geburt oder bei einer Kolikerkrankung. Momentan ist die Langzeituntersuchung, von beispielsweise ansteckenden Patienten in Quarantäne oder die Nachtüberwachung in Kliniken, die meist genutzte Anwendung des Piavita Vet Systems.
Realisierung der Hardware
Als es nach umfangreichen Tests die Vorbereitung der Serienfertigung begann, übertrug Sascha Bührle diese Aufgabe an seinen Chefkonstrukteur Daniel Lehmann. Die Konstruktion erfolgte mit dem Cloud-CAD Programm Onshape. Erste Prototypen für Handmuster und Funktionsanalysen wurden mit herkömmlichen 3D-Druckern erstellt. Für die Realisierung von voll praxistauglichen 2K Kunststoffspritzguss-Gehäusen in Serie wurde nach einem Lieferanten gesucht.
Protolabs als schneller Lieferant
Die Beauftragung eines teuren Stahl-Werkzeugs für mehrere zehntausend Franken war für das Startup zunächst keine Option. Dies wäre nicht nur teuer, sondern auch zu langsam und unflexibel gewesen. Ehemalige Studienkollegen empfahlen dem Ingenieur Protolabs als schnellen Lieferanten von vollwertigen Spritzgussteilen. Die Gehäuse des Messgeräts bestehen aus zwei Komponenten: Einem harten und einem weichen Anteil. Für den schlagfesten Teil wurde ABS als Material ausgewählt. Für den weicheren Teil entschied sich Piavita für das biokompatible, thermoplastische Silikon TPSiV®.
Know-how inklusive
Daniel Lehmann lud sein Modell auf die Angebotsplattform Proto Quote und nahm telefonisch Kontakt mit Protolabs auf: „Die Beratung war erstklassig. Das Angebot erhielt ich innerhalb eines Tages. Unser vorgeschlagenes kundenspezifisches Material, das thermoplastische Silikon, konnten sie problemlos verarbeiten. Protolabs bot mir stets direkte Unterstützung bei allen Fragen zur produktionsgerechten Konstruktion an.“ Im medizinischen Bereich ist es keine Seltenheit, dass Kunden eigenes Material mit besonderen Spezifikationen Protolabs zur Verfügung stellen, dies stellte auch für Piavita einen großen Vorteil dar.
Nachdem das Design abgestimmt war, gab Daniel Lehmann die ersten 100 Piavita-Gehäuse in Auftrag. Bereits nach 15 Arbeitstagen waren die Gehäuse fertig gestellt. Dadurch konnten bereits in der Anlaufphase Produkte mit vollwertigen Gehäusen ausgeliefert werden. Darauf folgte eine weitere Verbesserung der Konstruktion, eine vollkommen spaltfreie Verklebung der Ober- und Unterschale des Gehäuses. Unmittelbar wurde eine verbesserte Charge mit 300 Stück vorbereitet. Derzeit wird nicht nur das Gehäuse des Messgeräts bei Protolabs hergestellt, sondern auch das Gehäuse der Übertragungsstation und die Halterung für das Messgerät am Gurt.
Preisgekrönter Erfolg
Das Ergebnis sind ausgereifte, robuste, wasserdichte Gehäuse, die leicht zu reinigen sind und sich unempfindlich gegenüber Reinigungschemikalien und Desinfektionsmittel zeigen. Die Arbeit des Teams bei Piavita wurde bereits von vielen Stellen anerkannt. Das Schweizer High-tech Startup hat bereits zahlreiche Nominierungen und Preise erhalten. Darunter der Gewinn des Venture Leaders Technology Awards 2017, die Wahl in die TOP 100 Swiss Startups 2017, sowie die Aufnahme in das IBM Global Entrepreneur Programm. Zu dem zählt Piavita zu den wenigen Schweizer Unternehmen, denen von der Schweizer Kommission für Technologie und Innovation (KTI) das renommierte CTI Start-up Label verliehen wurde. Die Verkaufszahlen steigen, je mehr die zuverlässige und professionelle Anwendung von Piavita zur Ermittlung von Vitaldaten bei den Tierärzten bekannt wird. Und das inzwischen in 5 Ländern.
Gesetzter Partner
Derzeit bestreitet Piavita die gesamte Produktion der Gehäuseteile mit Protolabs. „Wir sind dadurch unglaublich flexibel und können auf Veränderungen schnell reagieren, ohne uns hohe Fixkosten aufzubürden“, argumentiert Daniel Lehmann. An weiteren Ideen und Verwendungsmöglichkeiten mangelt es nicht. So gibt es Ideen zur Ausweitung des Zielmarktes nicht nur in weitere Länder, sondern auch auf andere Anwender, wie Züchter, Sportreiter und Trainer. Dazu müsste die momentan veterinärmedizinisch geprägte Benutzeroberfläche entsprechend angepasst werden. „Wir konzentrieren uns zunächst vermehrt auf die veterinärmedizinische Anwendung bei Pferden“, erklärt Dr. Dorina Thiess, Co-Gründerin und Geschäftsführerin von Piavita. „Mit Protolabs an der Seite stehen wir diesen Entwicklungen sehr optimistisch gegenüber. Schließlich hat uns die bisherige Erfahrung gezeigt, dass wir den richtigen Partner gefunden haben, um Innovationen in Spritzguss professionell und zügig umzusetzen.“